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Kurt Bühlmann schreibt regelmässig Kommentare betreffend die wirtschaftlichen Aktualitäten und Abläufe in Europa und in der Welt.

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11 Jahre Nullzinsen

16.11.2021 In diesem Blog übergebe ich meinen Freund & Bruder in Jesu, Christian Takushi, Makroökonom und geopolitischer Stratege, das Wort. Viele unserer Alliance-CH-Genossenschafter kennen ihn von unserer Generalversammlung vom 3. Oktober 2020 her. Sein Referat mit dem Titel Geopolitische Weltperspektiven für das nächste Jahrzehnt hatte grosses Interesse ausgelöst. Seither segnet uns Christian mit aktuellen Inputs, via Zoom-Konferenzen, betreffend geopolitische & ökonomische Themen.

In einem Radiointerview, das in Europa und Nordamerika über Dutzende von Rundfunkstationen ausgestrahlt worden ist, erklärt der Ökonom Christian Takushi, warum Politiker in den USA und der EU Inflation schaffen und begrüßen. Es hilft, ihre enorme Schuldenlast zu reduzieren. Der Schlüssel zum Inflationsschub ist die Energieknappheit, vor der er wiederholt gewarnt hat.

Nun überlasse ich ihm das Wort:

11 Jahre Nullzinsen, die mangelhafte Energiewende und das Bezahlen großer Covid-Handouts mit gedrucktem Geld konvergieren zu einem massiven angebots- und nachfrageseitigen Inflationsschub. Aber raten Sie mal, mehrere westliche Regierungen bekämpfen das nicht - Sie begrüßen es, denn sie brauchen eine hohe Inflation und (staatlich angeordneten) Nullzinsen. Das wird wie eine konfiszierende Steuer auf die Mittelschicht wirken und die reale Kaufkraft von Familien mit niedrigem Einkommen verringern (Millionen vom Staat abhängig machen).

EU-Politiker sagten, dass es während des Übergangs zu erneuerbaren Energien keinen Platz für Gas oder Kohle gibt, aber wenn die Regierungen bis zum Winter die Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke nicht ans Netz lassen, könnten viele Menschen leiden oder gar sterben – je nach Szenario gar mehr als durch Covid. Es ist ein gefährliches Unterfangen, das außer Kontrolle geraten könnte. Ein Zeugnis dafür, wohin schlechte Politik die einst stolzen führenden westlichen Industrienationen gebracht hat. Man bedenke allerdings, dass Konsumenten, Konzerne sowie Rentner mit ihrer Ablehnung jeglicher Rezession und schmerzvoller Korrekturen die expansive Zentralbank-Politik regelrecht verstärkt haben.

Ohne den derzeitigen Energie-Preisschub müssten EZB und FED die Zinsen für weitere 6 Jahre bei Null belassen.

Wie ich es in meinen Vorträgen seit 7 Jahren unermüdlich sage ... unsere EU-Regierung hat die Finanzmärkte 2009 unter deren Kontrolle gebracht und hat seitdem die freien Marktkräfte ausser Kraft gesetzt. Das heisst, der Staat setzt täglich die Zinsen fest, während die Medien und Finanzfirmen so tun, als spiele der freie Markt noch. Der Schein trügt und die Geld-Illusion ist nun systemisch.

Die ECB druckt seit einem Jahrzehnt auch gigantische Geldsummen, um die Preise von Anleihen, Aktien und Immobilien in die Höhe zu treiben. Der Zustand an den europäischen Finanzmärkten ähnelt also stark der Planwirtschaft der Sowjetunion im kalten Krieg. Aber leider traut sich kaum jemand es beim Wort zu nennen. Die meisten Anleger freuen sich über künstlich und wohl unhaltbar aufgeblähte Kursgewinne, obwohl sie wissen, dass das nicht gut enden kann.

Grossbritannien hat dank Brexit die Möglichkeit sich diesem Wirtschafts-schwächenden Prozess graduell zu entziehen.

Ironischerweise gehen viele mittelgrosse Schwellenländer bedeutend verantwortungsvoller und disziplinierter mit ihren Finanzen und ihrem Geld um (keine Geldpresse trotz Krise) als die ehemals reichen, nun überschuldeten Länder des Westens. Diese Regierungen und deren Bürger haben den Schmerz der Covid-Krise ertragen, anstatt sich durch die exzessive Geldpresse und Verschuldung einer Illusion hinzugeben. Da einige dieser Länder zudem geopolitisch viel weniger Risiken ausgesetzt sind als die EU und Nordamerika in den kommenden 10 Jahren, werden diese sehr wahrscheinlich den neuen sicheren Häfen angehören. Vorausblickende Firmen und Anleger, die bislang fast alles Vermögen in der nördlichen Hemisphäre (USA, Kanada, Europa, China, Südkorea, Japan usw.) halten, fangen an einen Teil ihrer Anlagen oder gar Familien in die südliche Hemisphäre zu verlagern. Wir erwarten, dass es über die nächsten 20 Jahren zu einem Exodus von Menschen und Kapital in den Äquator und die südliche Hemisphäre stattfinden wird. Einige dieser Zielländer beginnen allerdings die Schliessung ihrer Grenzen vorzubereiten.

Was ging diesem Prozess voraus? Als der Westen sich vom Evangelium distanzierte, verschob sich der Mittelpunkt der Christenheit vom reichen Norden nach Lateinamerika, Afrika und Asien. Wohl kein Zufall, denn der christliche Glaube spornt die Menschen zu Arbeit, Disziplin, besonnenem Umgang mit dem Geld, Dankbarkeit und Grosszügigkeit gegenüber anderen (nicht sich selbst) an.

Viele Menschen schimpfen ja zunehmend über den Staat und übersehen dabei ihre bzw. unsere Mitschuld am Ganzen: Es soll ja alles konsumenten-freundlich und billiger sein. Bürger und grosse Firmen dulden ja seit der Jahrtausendwende keine Rezessionen und Kurskorrekturen mehr – und leider richten sich rückgratschwache Politiker wie Windfahnen nach den neuesten Umfragen. Selbst innerhalb der Christenheit messen sich die Leiter an ihrer Popularität bzw. Wachstumsraten – willkommen in der teilweise ausufernden «seeker-friendly church». Es ist in diesem Umfeld, dass expansive Zentralbank- und Verschuldungs-Politik freie Bahn erhielt. Wenn man diese gesamt-gesellschaftliche Entwicklung sieht, blickt man auch viel eher auf den allmächtigen Gott, der alles in Seiner Kontrolle hat... und durch all das seine Prophezeiungen für die Endzeit wahr werden lässt.


Im Namen des Verwaltungsrates der Alliance-CH danke ich Christian Takushi ganz herzlich für diesen interessanten und aufschlussreichen Beitrag.